Das frühe Mittelalter - die Epoche der Romanik - beginnt etwa um 800. Architektur, Kunst und auch die Mode sind sehr bodenständig: Die Formen der Kleidung sind einfach, sie bestehen aus meist identisch geschnittenem Unter- und Oberkleid, für Umhänge nimmt man bisweilen nur einfache Rechtecke oder Halbkreise, die auf der rechten Schulter geschlossen werden. Eine Besonderheit der fränkischen Tracht ist die Hose, die damals vor allem bei den Römern für große Verblüffung sorgte. Einfach sind auch die Materialien: Wolle und Leinen, im Hause von den Frauen - auch den vornehmsten - selbst gesponnen, gewebt und genäht. Daneben trägt man Pelzwerk. Als Byzanz 1204 erobert wird, verbreitet sich die Seidenweberei auch in Europa, vor allem in Italien. Gemusterte Stoffe bleiben nach wie vor sehr teuer und können nur von wenigen getragen werden, und auch dann meist nur zu festlichen Anlässen.
Mittelalter
Zeitgleich werden in Byzanz die prächtigsten Seidenstoffe hergestellt, üppig mit Goldfäden durchwirkt und mit Edelsteinen versehen. Derartige Kostbarkeiten werden zwar auch nach Europa importiert, sind aber derart kostspielig, dass sie sich nur wenige leisten können, meist nur in Form von Borten, mit denen die Kleidungsstücke am Saum, Halsausschnitt und Ärmelrand verziert werden. Männer und Frauen unterscheiden sich - außer in Franken durch die Hose - nicht in ihrer Kleidung.
Mit dem Beginn der Gotik um 1200 entwickelt sich ein völlig neues Formgefühl: das Erdgebundene, Schwere der Romanik wird aufgelöst. Es ist eine Zeit der Jenseits-Orientierung, in der alles in die Höhe strebt. So wie die Kathedralen den Betrachter mit sich nach oben zu ziehen scheinen , dominiert auch in der Kleidung die senkrechte Linie. Ging man in der Romanik nicht über die Grenzen von Scheitel und Fußsohle hinaus, so versucht man nunmehr, diese Grenzen zu sprengen. Die Kleider werden mit immer längeren Schleppen versehen und die Hüte werden immer höher und spitzer, was den Körper optisch verlängert
Überhaupt wird der Körper in der Gotik betont: die mittelalterliche Kleidung ist bis zur Taille außerordentlich eng, bei der Frauenkleidung kommt das Dekolleté auf, das sich mehr und mehr vergrößert.
Über diesen eng anliegenden Obergewändern trägt man (und frau) ein weiteres - ärmelloses - lockeres Übergewand, den sogenannten Surkot, dessen Ärmelöffnungen - von der Kirche als “Teufelsfenster“ tituliert - sich ebenfalls immer mehr vergrößern, so dass sie den Blick auf die Taille wieder ermöglichen.
Beliebt bei beiden Geschlechtern ist die Houppelande, ein mantelartiges Übergewand mit langen Schleppenärmeln und der halbkreisförmige Tasselmantel (Tassel = metallene Schließe).
Zu den Trachtenprivilegien des männlichen Adels gehört ferner die Tunika, die dann später von der Schecke, einer eng anliegenden kurzen Jacke, teils mit lang herunterhängenden Ärmeln, abgelöst wird. Wiederum darunter trägt der Herr ein Wams, an das die Beinlinge angenestelt sind.
In der Frühgotik entwickelt sich aus dem romanischen Kapuzenmantel für den Mann die Gugelhaube, eine Art Schulterkragen mit Kapuze, deren Spitze sich zu einem langen flachen Band auswächst.
Daneben tragen beide Geschlechter das Schapel, einen Kranz aus Edelsteinen, Blumen, Laub oder Stoff, verheiratete Frauen das Gebende, hinzu kommen später verschiedene Formen von Hörner- und Wulsthauben und der Hennin, ein hoher spitzer “Zuckerhut“.
Nicht wegzudenken aus der gotischen Mode sind die Schnabelschuhe.
Die Kostüme des späten Mittelalters klingen aus mit einer geradezu märchenhaften Prachtentfaltung am Hofe von Burgund. Die luxuriösesten Roben, die phantasievollsten Kopfbedeckungen, die längsten Schleppen findet man hier. Ein dreiviertel Jahrhundert lang ist das burgundische Herzogtum führend in Europa, was Trachten und Etikette anbelangt. Waren während des ganzen Mittelalters und zunächst auch in Burgund leuchtende Farben favorisiert, so wählte Philipp der Gute für seine Gewänder die Farbe Schwarz und machte diese damit erstmals in der Geschichte der Mode populär.